Die neurowissenschaftliche Forschung hat in den letzten Jahren gerade auch mit Blick auf psychologische Fragestellungen erhebliche Fortschritte gemacht. So wurden die neuronalen Grundlagen psychischer Prozesse (z.B. Bewusstsein, Emotionen und Kognitionen) erforscht. Psychologische Phänomene bestehen jedoch nicht nur aus neuronalen/biologischen Anteilen – sie zeichnen sich vielmehr auch durch qualitative Erlebensanteile aus, etwa durch die Frage „wie fühlt sich Bewusstsein an“, und weiterhin durch konzeptuelle Erkenntnisanteile, zum Beispiel „welche Einsichten werden mir durch bewusstes Nachdenken ermöglicht – und wie gelange ich zu diesen Einsichten?“

Ziel ist es in diesem Zusammenhang, an den Methoden zur Erforschung der Erlebens- und Erkenntnisseite psychischer Ereignisse zu arbeiten und so auch ein erweitertes inhaltliches Verständnis dieser Aspekte zu ermöglichen. Auf diese Weise wird neben einem Blick auf die biologische Seite unseres Menschenbildes auch ein Verständnis für die geisteswissenschaftlichen Anteile möglich – für die Erlebensfähigkeit (Seele) und die Erkenntnisfähigkeit (Geist).

Ein solches erweitertes Menschenverständnis ist gerade auch für die praktische Medizin und Psychotherapie wichtig und hat dort auch bereits verschiedentlich Eingang gefunden: Gerade in dieser praktischen Medizin und Psychotherapie kommt es nicht nur auf physiologische Verhaltensäußerungen in der Pathologie einer jeweiligen Krankheit an, sondern auch ganz konkret

  • auf das unmittelbare Erleben der Patienten als einem wichtigen Maßstab für ihr Wohlbefinden und
  • auf Erkenntnis- und Sinnfindungsaspekte in der Auseinandersetzung mit Gesundheit und Krankheit.

Hier gibt es auch weiterhin ganz erhebliches Entwicklungs- und Forschungspotential. Ein solcher erweiterter Ansatz stellt eine Bereicherung des Forschungsschwerpunktes Integrative und personalisierte Gesundheitsversorgung dar, wie er derzeit an der Fakultät für Gesundheit der UW/H maßgeblich ist. Darauf aufbauend ist uns daran gelegen, zentrale psychologische Grundkonzepte - Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Intentionalität, Selbst, Bewusstsein - aus einem um die Erlebens- und Erkenntnisanteile erweiterten geisteswissenschaftlichen Psychologie-Verständnis heraus aufzuarbeiten.